Marco
Pulmonalatresie mit VSD
Marcos erste Lebenstage
Marco kam nach einer unkomplizierten Schwangerschaft, am 17.06.1999 um 10.32 Uhr in Offenbach auf die Welt. Seine Herztöne sind kurz vor den Presswehen schwächer geworden, sodass es dann ziemlich schnell gehen musste. Ich konnte es gar nicht fassen, als er endlich auf meiner Brust lag. Doch Marco war ziemlich blau (der Stirnbereich und die Fuß- und Fingernägel). Aber die Ärzte beruhigten mich und sagten, dass das wahrscheinlich nur Anpassungsschwierigkeiten seien. Marco war sehr verschlafen und wollte auch nicht an der Brust trinken. Er war 52 cm groß und wog 3000gr. Seine Apgar Werte waren recht gut.
Nach der Geburt ging es mir kreislaufmäßig nicht so gut und Marco war den ganzen Tag über im Kinderzimmer. Als es mir abends wieder besser ging, machte ich mich auf den Weg zur Schwester. Danach bekam ich endlich unseren kleinen Engel gebracht. Doch andauernd schaute die Schwester nach Marco und nahm in nach einer halben Stunde wieder mit in das Kinderzimmer. Über Nacht durfte Marco nicht bei mir bleiben, da angeblich erst am nächsten Tag ein Bett für Mutter mit Kind frei werden würde.
Am nächsten Morgen wunderte ich mich, dass ich einfach nicht mein Kind gebracht bekam. Nachdem eine Kinderärztin Marco untersucht hatte, wurde ich ins Untersuchungszimmer gerufen. Da er noch etwas zyanotisch war, sollte er in die Uniklinik nach Frankfurt verlegt werden. (Er hatte wohl nachts einen sehr starken Sauerstoffsättigungsabfall auf 40 % - normal ca. 97% - 100%, was ich aber erst viel später erfahren habe). Doch ich sollte mir keine Sorgen machen, am Herzen hätte er nichts.
Ich war mit Marco alleine in einem Zimmer, hielt ihn in meinen Armen und durfte mich von ihm verabschieden. Ich hatte ein total ungutes Gefühl und versprach ihm: „Das stehen wir alles zusammen durch!“ In diesem Moment hätte ich aber nicht gedacht, dass wir so eine schwere Zeit vor uns haben werden.
Wenig später fuhren Andreas und ich in die Uniklinik. Als wir uns endlich zur Station durchgekämpft hatten, kam eine Ärztin und setzte sich mit uns in die Elternküche. Dort erfuhren wir, dass Marco einen schweren, komplexen Herzfehler hat und auf der Intensivstation lag. Es brach für uns eine Welt zusammen. Damit hatten wir nicht gerechnet.
Wir konnten ihn nicht sehen, da er gerade einen Zentralvenenkatheter gelegt bekam. Am abend sprach ein Kardiologe mit uns und nannte uns die Diagnose, mit der wir in diesem Moment herzlich wenig anfangen konnten: Pulmonalatresie mit Ventrikelseptumdefekt.
Seine Sauerstoffsättigung lag etwa bei 86%.
Vier Tage später wurde eine Herzkatheteruntersuchung gemacht, die die Diagnose bestätigte.
Nach zwei Wochen Krankenhausaufenthalt durften wir Marco mit nach Hause nehmen. Wir verbrachten einige wunderschöne Wochen voller Normalität und keiner hatte den Eindruck, dass Marco so krank war.
Die erste Herzoperation
Am 10.08.99 wurde eine zweite Herzkatheteruntersuchung gemacht und am 23.08.99 wurde Marco stationär in der Uniklinik zur ersten Herzoperation aufgenommen.
Mittlerweile hatte er nur noch eine Sauerstoffsättigung von 67%.
Am 25.08.99 fand die Operation statt. Ich hatte natürlich die große Hoffnung, dass alles in drei Wochen überstanden sei, wir wieder den Heimweg antreten konnte und wir endlich wieder die kleine glückliche Familie sein konnten.
Da Marcos Lunge nicht über normalen Weg mit Blut versorgt war, sondern über viele kleine Kollateralen, war es eine sehr komplizierte Operation. Marco überstand die Operation aber ohne Komplikationen.
Doch nun sollten wir noch eine harte Prüfung durchstehen:
Nachts wollten Marcos Nieren nicht mehr richtig arbeiten und er sollte an die Dialyse. Im letzten Moment fing er an zu pinkeln und blieb vor diesem Eingriff verschont. Wenig später ging es ihm sehr schlecht und er hatte einen Herzstillstand. Mit einer Herzdruckmassage wurde er glücklicherweise ohne Schäden zurückgeholt.
Der Thorax war bei Marco nach der Operation offen geblieben und mit einer Gummimembran verschlossen worden, sodass das Herz nicht so einem großen Druck ausgesetzt war und sich in aller Ruhe an die neuen Druckverhältnisse im Herzen gewöhnen konnte.
Nach weiteren drei Tagen wurde der Thorax endlich verschlossen. Der erste Extubationsversuch klappte nicht. Nach einigen Tagen stiegen die Entzündungswerte und Marco bekam einen dicken Infekt.
Als das Antibiotika gegriffen hatte und es ihm wieder besser ging, wurde er wieder extubiert. Dies klappte aber nur für wenige Tage.
Man fand heraus, dass Marco Pseudomonasbakterien in der Lunge hatte und diese immer wieder erneute Infekte auslösten. Es vergingen Wochen in denen wir sehr verzweifelt waren. Marco wurde extubiert und ich hoffte, dass endlich ein Ende in Sicht war. Doch immer wieder gab es einen Rückfall. Der rechte Lungenoberlappen war zusammengefallen und das Antibiotika konnte dort nicht wirken, deshalb kam es immer wieder zu einem erneuten Infekt. Auch mehrere Spülungen erbrachten keinen Erfolg.
Die Ärzte entschieden sich zu einer erneuten Herzkatheteruntersuchung. Dabei stellte man fest, dass der rechte Lungenoberlappen zu stark durchblutet war und deshalb sich eine Atelektase gebildet hat. Mittlerweile war dort das Gewebe so stark beschädigt, dass dieser Teil der Lunge mit einer erneuten Operation entfernt werden sollte.
Ich glaubte oft, ich wäre mittlerweile an die Grenze meiner Kraft angekommen, doch ich gab nie die Hoffnung auf und glaubte fest daran, dass Marco alles gut überstehen würde.
Seit der ersten Operation am Herzen waren zwei Monate vergangen und Marco hatte nicht zugenommen (4,5kg). Bis auf wenige Tage war Marco beatmet und hatte also im Großen und Ganzen keine gute Ausgangsposition für die Operation. Wir ließen Marco auf der Intensivstation taufen.
Doch es geschah das Wunder: Marco steckte die Operation gut weg und kam nach fünf Tagen auf die kardiologische Station.
Ich war so glücklich! Der Chirurg hatte nur einen Teil des Lungenoberlappens entfernen müssen, da es bei der Operation wesentlich besser aussah als man angenommen hatte.
Zwei Wochen verbrachten wir noch auf der Station und konnten endlich nach Hause fahren.
Die Zeit der vielen Infekte
Doch nach zwei Tagen bekam er einen Krampfanfall und lag eine Stunde später wieder auf der Intensivstation. Marco wurde auf Luminal eingestellt und nach einer Woche starteten wir erneut den Versuch die Heimreise anzutreten.
Doch schon nach weiteren drei Tagen musste ich mit Marco erneut in die Klinik, da er sich das Epstein-Barr Virus eingefangen hatte.
Mittlerweile hatte man einen Chromosomendefekt diagnostiziert: Deletation 22q11 (Catch 22).
Pünktlich zum ersten Advent konnten wir bis Ende Januar nach Hause. Dann bekam er eine Bronchitis und der nächste Klinikaufenthalt stand uns bevor. Unser kleiner Mann quälte sich von Infekt zu Infekt und bekam schließlich noch eine Lungenentzündung. Da er nicht genügend ausatmete, musste er wieder beatmet werden. Doch zum Glück nur zwei Tage!
Nach insgesamt zwei Monaten (Ende März) konnten wir wieder nach Hause und prompt bekam er eine Magen-Darm-Grippe.
Diese bekamen wir aber gut in den Griff, da ihm in solchen Fällen in der Klinik immer eine Magensonde gelegt wurde, um weitere Krankenhausaufenthalte zu vermeiden.
Es wurde zu diesem Zeitpunkt eine Antibiotikadauerprophylaxe angesetzt, um weiter Infekte zu vermeiden.
Endlich ging es aufwärts.
Marco fing an, sich zu erholen und Versäumtes nachzuholen. Wir hatten zwar einen vollen Terminkalender (3x die Woche Krankengymnastik, Atemtherapie und Frühförderung), doch Marco machte tolle Fortschritte. Er war ein lebenslustiger kleiner Mann, der es mir mit jedem Lachen dankte, dass ich diese schweren Monate mit ihm durchgestanden hatte.
Zu dieser Zeit habe ich mich oft gefragt, ob ich meinem Kind eine so schwere Zeit zumuten darf. Doch Marco zeigte mir mit seinem Überlebenswillen, dass er soviel Freude am Leben hatte. Ich war zu dieser Zeit der festen Überzeugung: Wenn er gehen will, dann wird ihn wohl keiner aufhalten können!
Die zweite Herzoperation
Am 26.09.00 mußte Marco zur nächsten Herzkatheteruntersuchung in die Uniklinik. Es klappte alles problemlos. Nur leider war er total zerstochen, da die Ärzte erst beim fünften Stich eine Arterie gefunden hatten.
Doch das Ergebnis haute mich um: Marco sollte schon ziemlich bald operiert werden, da sein Lungendruck gestiegen sei. Ich dachte, wir hätte sooooo viel Zeit bis zur nächsten Operation.
Der OP-Termin wurde auf den 09.11.00 gelegt und ich nutzte die Zeit, um mit Marco noch einen Kurzurlaub im Schwarzwald zu machen.
Kurzfristig wurde die Operation auf den 06.12.00 verlegt. Das hieß, wieder vier Wochen warten. Als ich mit Marco am Montag zur Aufnahme kam, wurde uns gesagt, dass der OP-Termin auf den 07.12.00 verschoben worden sei. Jeder weitere Tag machte mich fertig. Ich wollte doch nur, dass diese Operation endlich hinter uns lag.
Das Aufklärungsgespräch war schrecklich: 30 % das Marco es nicht schafft war unendlich hoch für mich. Da seine Lungen aber vorgeschädigt waren, natürlich ein hohes Risiko – ich wollte nicht unterschreiben.
Aber Marco hatte das Jahr davor so um sein Leben gekämpft: Durfte ich ihm da die Chance auf ein längeres Leben rauben? Also unterschrieb ich – eine andere Wahl blieb mir ja doch nicht.
Mittwoch abend konnte ich mich überhaupt nicht von Marco trennen und hatte eine riesen Angst vor dem kommenden Tag. Endlich lag Marco im Bett und schlief. Doch zwei Stunden später fing er an zu erbrechen. Dies ging die ganze Nacht und Marco war total fertig – eben richtig krank. Schließlich hat es mich morgens auch erwischt und weil es uns so schlecht ging, durften wir zwei Stunden später mit einer dicken Magen-Darm Grippe nach Hause.
Zum Glück ist die OP um einen Tag verschoben worden, ansonsten hätte Marco diesen Infekt direkt nach der Operation bekommen. Der Schutzengel hatte tolle Arbeit geleistet!!!
Der nächste Termin sollte der 18.01.01 sein. Wir feierten Weihnachten und Sylvester und hofften, dass uns das neue Jahr Glück bringt.
Am 18.01. haben wir uns in aller Frühe von Marco verabschiedet. Er war so gut drauf und ich hatte Angst, dass dies vielleicht der letzte Moment mit Marco sein könnte. Als er in seinem Bettchen in den OP gefahren wurde, heulte ich was das Zeug hielt. Marco winkte uns sogar noch zu.
Irgendwie brachten wir den Tag hinter uns und um 16.30 Uhr konnten wir zu unserem kleinen Marco auf die Intensivstation. Diesmal war Marcos Brustkorb verschlossen und der Anblick war nicht ganz so schrecklich als das Jahr davor. Immerhin wussten wir diesmal vorher, was uns erwartet.
Bei der Operation wurde der VSD und der ASD verschlossen, ein PTFE-Graft mit einer rekonstruierten Pulmonalklappe eingesetzt.
Ich konnte mich gar nicht an Marcos Gesichtsfarbe und den Fingernägeln satt sehen. Sie waren so rosig und überhaupt nicht mehr blau (Sättigung 95 – 99 %).
Dies gab mir die Kraft und Zuversicht, dass die Operation die richtige Entscheidung war.
Diesmal hatte Marco die erste Nacht überhaupt keine Probleme und alles verlief reibungslos. Doch nach drei Tagen wurden seine Werte schlechter (Entzündungswerte stiegen und er brauchte plötzlich einen höheren Beatmungsdruck). Marco hatte sich eine dicke Lungenentzündung eingefangen. Eine Woche nach der Operation konnte er trotzdem extubiert werden. Seine Atmung war aber sehr angestrengt und schnell. Aber er erkannte seine Lieblingsmaus und seinen geliebten Spieluhrmond.
Die Atmung wurde von Tag zu Tag schlechter und am vierten Tag musste Marco wieder intubiert werden. Es war einfach schrecklich. Mich holte in diesem Moment die Erinnerung des Jahres davor ein und meine Angst, dass Marco sich wieder einen miesen Infekt eingefangen hatte war riesengroß.
Endlich hatten die Ärzte ein Ergebnis: RS-Virus. Jetzt war es nur eine Frage der Zeit, bis sich sein Zustand bessern sollte. Nach insgesamt 3 ½ Wochen konnte er wieder extubiert werden und es ging ihm mit der Atmung diesmal wesentlich besser als beim ersten Mal. Schon bald konnten wir die Intensivstation verlassen.
Doch Marco reagierte nicht mehr auf uns, lag nur noch in seinem Bett und nahm nichts mehr zu sich. Zum Glück konnte er aber einige Tage später wieder seinen Kopf halten, doch mit seiner Lunge hatte er ziemliche Schwierigkeiten. Mit Bronchoparat und Kortison bekam man Marcos Atemnot und Verschleimung in den Griff. Plötzlich zog er sich seine Magensonde und fing an zu essen – aber wie!!! Es war schon erschreckend, da er nur noch am essen war.
Nach einigen Tagen konnte soweit fast alle Medikamente abgesetzt werden und wir durften nach insgesamt 4 ½ Wochen nach Hause.
Daheim war Marco auf einmal ein ganz anderes Kind. Er wollte krabbeln (war aber viel zu schwach), hörte wieder auf Geräusche, schmuste mit seiner Maus und schlief wie ein Stein. Immer wieder hatte Marco Probleme mit der Lunge – erst eine Bronchitis, dann eine Lungenentzündung. Der Verdacht auf Asthma nahm immer mehr zu. Marco musste täglich 2x mit Pulmicort inhalieren und mind. 3x mit Sultanol und Atrovent.
Ein schöner Sommer mit Marco
Von April bis Mai 2001 fuhr ich mit Marco auf die Insel Amrum in eine Lungenfachklinik für Kinder. Seine Lunge erholte sich prächtig und er lernte dort seine ersten Schritte zu machen.
Die tägliche Atemtherapie und die gute Nordseeluft trugen entscheidend zu dem Erfolg bei.
Marco war der kleinste und jüngste Patient, doch zwischen den anderen Kindern fühlte er sich pudelwohl.
Danach fuhr ich mit Marco eine Woche spontan nach Italien (Como) und wir verbrachten dort eine schöne Woche.
Den ganzen Sommer hatte Marco keine Infekte und er machte in seiner Entwicklung tolle Fortschritte. Er fing sogar an, seine ersten Worte zu sprechen und ich war die glücklichste Mama auf der Welt. Als er zum ersten Mal „mama“ sagte, hätte ich auf der Stelle vor Freude weinen können.
Mit seiner neuen Brille sah er wie ein kleiner Professor aus.
Im August fuhren wir an den Edersee. Die vielen Spaziergänge fand Marco toll und wäre manchmal vor Spannung fast aus dem Kinderwagen gefallen.
Immunschwäche und Probleme mit dem Herz
Doch als es auf den Herbst zuging, bekam Marco eine Bronchitis nach der nächsten. Mittlerweile waren wir in der Immundefektambulanz in Behandlung und zu Marcos schweren Herzfehler wurde eine Immunschwäche diagnostiziert (Hypogammaglobulinämie). Nun musste Marco alle drei Wochen zur Infusion in die Klinik. Doch der kleine Mann war so tapfer: er hielt nur noch den Arm hin und trotz der Stecherei vergoss er keine Tränen. Die Therapie hatte aber Erfolg und Marco hatte weniger Infekte. Ein neues Medikament stabilisierte zusätzlich den Zustand der Lunge. Zwei Monate am Stück war mein kleiner Kämpfer infektfrei – das war ein ganz neues Lebensgefühl!
Doch dieser Zustand sollte nicht lange anhalten. Wenn Marcos morgens aufwachte, hatte er Lidödeme. Dies nahm Tag für Tag zu, bis er ein Kilo Wasser eingelagert hatte. Die Pulmonalklappe war insuffizient, deshalb die rechte Herzkammer stark vergrößert. Mittlerweile hatte auch die Leber durch den erhöhten Druck kräftig an Größe zugenommen, sodass sich eine Lebersynthesestörung entwickelte und die Blutgerinnung schlechter wurde. Die Einlagerungen bekam man mit einem Diuretika gut in den Griff, doch es musste in regelmäßigen Abständen höher dosiert werden. Es war klar, dass man mit der Implantation einer neuen Herzklappe nicht mehr lange warten konnte. Wir bekamen für den 26.03.02 einen Termin zur Herzoperation. Da seine Blutgerinnung so schlecht war, musste er leider 5 Tage vor der Operation aufgenommen werden. Doch an dem morgen der OP fing Marco an zu erbrechen, bekam Durchfall und hohes Fieber. Mit einer Gastroenteritis und einem neuen Termin konnten wir nach Hause gehen. Marco erholte sich ziemlich schnell, hatte nach diesen 5 Tagen Krankenhaus aber gewaltige Schlafprobleme.
Die dritte Herzoperation
Am 25.04.02 starteten wir einen erneuten Anlauf. Diesmal sollte es nicht so eine schwere Operation sein, denn Marco hätte das schwierigste schon lange überstanden. Bei jeder Operation hatte ich eine tierische Angst, doch diesmal war ich mir sicher, dass diesmal alles ohne Komplikationen klappt. Ich war zuversichtlich wie noch nie davor.
Die Operation verlief komplikationslos und um 13.30 Uhr war Marco schon wieder mit einer neuen Herzklappe auf der Intensivstation. Mir fiel ein Stein vom Herzen – endlich war die OP vorbei und nun musste Marco sich nur noch erholen und dann können wir nach Hause und endlich richtig das Leben genießen.
Marco brauchte nach der Herzoperation noch zur Unterstützung einen Herzschrittmacher, der aber nach zwei Tagen ausgeschaltet werden konnte. Marco wurde extubiert und die Ärzte waren zufrieden. Plötzlich stiegen die Entzündungswerte und das Antibiotika wurde umgesetzt. Da er Herzrhythmusstörungen hatte, wurde er medikamentös eingestellt.
Wegen einem Pleuraergußes musste eine neue Drainage gelegt werden. Da Marco deshalb sediert werden musste, atmete er nicht mehr so gut und musste deshalb wieder intubiert werden. Die Entzündungswerte waren zum Glück wieder gefallen.
Am Dienstag (30.04.02) bekam Marco morgens von einer Minute auf die andere hohes Fieber (40,4°). Die Herzfrequenz war dadurch sehr hoch. Trotz Sedierung und hohem Fieber schaute er mich immer wieder an. Irgendetwas ließ mich an diesem Tag nicht von seinem Bett los. Immer wieder hielt ich seine Hand und flüsterte ihm zu, dass er schnell gesund werden müsse, da daheim soviel auf ihn wartet. Abends wurde er sehr unruhig und drehte sich immer wieder um, da er aufstehen wollte. Wahrscheinlich wollte er auf meinen Arm und ich verstand ihn nicht. Ich legte ihn immer wieder hin, denn er war doch noch intubiert. Mittwochs sollte er extubiert werden und die letzte Drainage sollte gezogen werden. Er bekam dann noch etwas zum Schlafen und wurde ruhiger.
Die schlimmste Nacht meines Lebens
Als er fest schlief, bin ich nach Hause gefahren. Wir freuten uns auf den nächsten Tag – endlich unseren Marco wieder ohne Tubus und Drainage zusehen und endlich seine Stimme wieder hören zu können.
Nachts (01.05.02) um 0.30 Uhr rief ich in der Klinik an: Marco schläft immer noch, er hatte wieder hohes Fieber, ist aber mit Novalgin wieder gefallen. Der Arzt ist super zufrieden und ich soll mir keine Gedanken machen.
Ich legte mich in mein Bett und weinte. Warum, das weiß ich nicht!
Plötzlich klingelte um 1.35Uhr das Telefon: „Frau Boos, es ist etwas ganz schreckliches passiert. Marco hatte einen Herzstillstand und ist gestorben.“ Diese Worte werde ich nie vergessen. Meine ganze Hoffnung, unsere ganze Zukunft brach in dieser Sekunde zusammen. Marco hatte so gekämpft, warum hat er kurz vor dem Ziel aufgegeben?
Kurz nach meinem Anruf wurde sein Herz immer langsamer und hörte auf zu schlagen. Trotz einer Reanimation von 35 min. bekamen die Ärzte keinen Herzschlag von Marco. Er hat noch nicht einmal mehr auf den Herzschrittmacher reagiert. Wir haben jetzt erfahren, dass Marco wieder den RS-Virus hatte. Doch dieser kann nicht die Todesursache gewesen sein. Die Ärzte sind ratlos und werden uns ein Leben lang eine Erklärung schuldig bleiben müssen. Es sieht wirklich so aus, als wenn es Marcos Entscheidung war, auch wenn ich es immer noch nicht recht glauben mag.
Ich vermisse Marco jeden Tag etwas mehr und ich weiß nicht, wie es ohne ihn weiter gehen soll. Doch er hat mir gezeigt, dass man trotz einer schweren Krankheit voller Lebensfreude sein kann.
Ich muss sehr oft an meinen Satz nach Marcos erster OP denken:
„Denn wenn er gehen will, dann wird ihn wohl keiner aufhalten können.“
Wie gerne würde ich noch einmal seine lachenden braunen Augen sehen oder sein unverkennbares Lachen hören. Was würde ich darum geben, dass er mir noch einmal mit seinen verklebten Fingern meine Hose einsaut oder mir meinen Küchenschrank ausräumt und die ganze Speisestärke auf seiner Hose und der ganzen Küche austeilt. Ich vermisse ihn!!!
Mein lieber Marco, ich werde Dich immer in meinem Herzen tragen.
Deine MAMA
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Marcos Gedenkseite: www.zwergennase.de