Lara

VSD, ASD, Subaortenstenose, Unterbrochener Aortenbogen Catch 22

 

 

15.11.1999.
Unsere Tochter Lara Geena kam per Kaiserschnitt in der 34.Woche mit 1730 Gramm und 43 cm zur Welt. Der Moment in dem ich sie ein paar Minuten ganz für mich alleine hatte, war unbeschreiblich. Lara, die sonst sehr lebhaft in Mamas Bauch auf sich aufmerksam machte, bewegte sich plötzlich nicht mehr. Bis zu diesem Zeitpunkt waren ,neben einer geringfügigen Öffnung des Muttermundes (14 Tage vorher) und einem überproportionalem Fruchtwassergehalt keine Auffälligkeiten erkennbar. Zum Glück wurden auf Grund der Öffnung des Muttermundes präventiv Lungenentwickelnde Spritzen gegeben. Zum Kaiserschnitt kam es dann, nachdem Unregelmäßigkeiten in der Herzfrequenz und nicht erwartete Reaktionen nach Wehenhemmenden- und dann Wehenfördernden Mitteln eintraten.

16.11.99:
Am Tage nach der Geburt wurde ein Kardiologe der Duisburger Herzklinik konsultiert, der einen Herzfehler bei Lara für sehr wahrscheinlich hielt. Daraufhin wurde Lara unverzüglich in die Duisburger Klinik verlegt. Die Angst um unser Baby zerriss uns.

18.11.99:
Heute wurde an dem kleinen Würmchen die Katheteruntersuchung durchgeführt, dessen Ergebniss uns niederschmetterte. VSD, ASDII, Subaortenstenose und unterbrochener Aortenbogen.
Der Kinderarzt und der Chirurg erläuterten mir die operativen Möglichkeiten und zeigte mir die hohen Risikopotentiale der OP bei einem so kleinem Menschen auf. Unsere Tochter schien für mich verloren. Dies hatte ich nun meiner Frau zu überbringen. Selbstverständlich willigten wir einer OP sofort ein, denn Lara sollte jede Chance erhalten, um ein lebenswertes Leben führen zu können. Zu diesem Zeitpunkt gingen die Ärzte davon aus, daß Lara nicht in den nächsten Wochen an Gewicht zulegen würde und innerhalb der nächsten 14 Tage operieren werden musste. Doch hier belehrte uns Lara eines besseren. Minprog und auch eine Bluttransfusion vertrug sie gut und sie stabilisierte sich.

19.11.99:
Es wurde eine Gehirnblutung festgestellt, die dann zunächst eine OP unmöglich machten, jedoch wie sich in Folge herausstellte in der Klasse II eingestuft werden konnte (Anfangs ging man von Stufe IV aus). Was soll unsere Süsse denn noch ertragen müssen?

20.11.1999:
Wir ließen Lara von einem uns nahestehenden Pastor taufen.
Nach der Taufe riss der Himmel auf und die Sonne strahlte in Laras Bettchen hinein.

27.11.1999:
Lara erlitt einen Lungenriß am rechten Lungenflügel.
Doch auch diesen hat sie erfolgreich gemeistert. Für meine Frau und mich steigerten sich die Qualen. Wie konnte ein so kleiner Mensch schon soviel ertragen!? Nach über drei Wochen und einer kleinen infektiösen Erkältung geht es Lara den Umständen entsprechend gut. Die ohne OP diagnostizierte Lebensdauer von zwei Wochen hatte sie einfach missachtet und macht täglich auf uns den Eindruck eines gesunden Kindes. Und das macht es besonders heftig, weil wir um die Schwere Ihrer Krankheit und um ihre geringen Chancen wissen. Jedoch zeigt Lara einen starken Lebenswillen, denn sonst hätte sie bestimmt schon kapituliert und wir sind der Überzeugung, dass sie Leben will!! Eine zwischenzeitliche Chromosemenanalyse brachte Gewissheit, dass Lara ein Catch 22 erlitten hatte. Ob es sich um eine Spontanmutation oder eine Erbfolge war, können wir erst nach einer genetischen Untersuchung von uns fixieren. Zwischenzeitlich werde ich zum Hobbykardiologen und durchforsche das Internet nach Informationen zu den Herzfehlern unserer Tochter und stosse auf das Forum. Unser Leben verbringen wir neben meiner beruflichen Tätigkeit in der Klinik.
Aber dies fällt uns nicht schwer, denn jede Minute, die wir mit Lara verbringen können ist eine Minute des Glücks und der Hoffnung. Meine Frau fährt bereits am Vormittag für mehrere Stunden zu Lara. Unsere Familien opfern sich für uns auf, halten uns die besorgten Anfragen unseres grossen Freundes- und Verwandtenkreises vom Leib. Denn jedesmal wenn unser Telefon klingelt fährt uns der Schreck in die Glieder: ob das die Klinik ist mit einer neuen Hiobsbotschaft? Die Alltäglichkeiten lassen uns kalt. Ungeachtet dessen, dass wir gerade ein Haus bauen und dort in den letzten Zügen liegen, dass ich eine neue berufliche Herausforderung angetreten habe, sind wir nur füreinander und natürlich für Lara da. Bei der Bewältigung des Schmerzes und der schrecklichen Angst haben wir sehr schnell festgestellt, dass meine Frau und ich uns nur gegenseitig helfen können. Es ist schön zu wissen, dass unsere Familien und Freunde um uns und Lara bangen und für sie beten. Doch in den wenigen Minuten unserer Besinnung ziehen wir Kraft aus unserer Liebe zueinander. Und welche Kraft könnte schon stärker sein?

10.12.99
Ein Harriss in der Minprogzuleitung lässt den Ductus weiter schliessen, wird jedoch rechtzeitig erkannt und der Ductus kann durch eine erhöhte Minprogzufuhr wieder geweitet werden. Was sollte das denn jetzt?

14.12.99
Das Ärzte- und Chirurgenteam ist selbst überrascht von Laras Lebenswillen und möchte die Operation in die zweite oder dritte Januarwoche aufschieben. Wir atmen auf, denn jeder Tag mit Lara ist ein Geschenk für uns.

15.12.99
Wir feiern Laras 1.monatigen Geburtstag.

16.12.99
Lara durchbricht erstmalig die 2000Gramm-Marke und ist 3,5 cm gewachsen.
Sie bewegt Ihren Kopf bereits in Bauchlage sebstständig um 180 Grad und setzt die Ärzte und uns in Erstaunen, was sie als Frühchen schon alles kann. Wir sind der Überzeugung, dass wenn die OP erfolgreich verläuft, sie es schaffen wird. Täglich dürfen wir etwas mit ihr kuscheln und sie versorgen. Wie beneiden wir die Eltern, die ihre Babys gesund bei sich zu Hause haben.

18.12.99
Doktor sagt, dass wenn da nicht die "Klitzekleinigkeit" der OP noch wäre, könnten wir Lara mit zu uns nach Hause nehmen. Ich nenne sie von nun an Powergirl.

20.12.99
Mit Schrecken bestätigt sich eine Vermutung der Ärzte. Lara hat unter der Geburt während des Kaiserschnittes eine Sauerstoffunterversorgung erlitten. In Ihrem Gehirn sind deutlich vier Stellen zu erkennen. Die Auswirkungen auf Laras geistige und körperliche Entwicklung ungeachtet des Herzfehlers und daß sie ein Frühchen ist, können nicht prognostiziert werden. Die Gehirnblutung, die fast vollständig resorbiert ist, ist bereits auf den Aufnahmen des entbindenden Krankenhauses zu erkennen, wurde jedoch dort von den Ärzten nicht entdeckt !!! Langsam steigen Rache- und Hassgefühle in uns auf. Wir sind wieder wie gelähmt und ohnmächtig. Was muss dieser kleine Mensch denn noch alles erleiden. Wir versuchen nur noch in Schritten zu denken und ja nicht über die OP hinauszuspekulieren. Denn die ist ja noch viel, viel risikoreicher! Ich stürze mich ins Forum und erhalte sehr viel Trost und Kraft.

 

Andreas

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