Jannik

Aortenisthmusstenose; kompletter Atrioventrikularkanal mit hypoplastischem linken Ventrikel und Mitral-und Tricuspidalinsuffizienz, Chylothorax nach OP, HTX

 

 

Unser Sohn Jannik wurde in der 42.Schwangerschaftswoche, am Palmsonntag, dem 16.04.2000 nach einer komplikationslosen Schwangerschaft und Entbindung in der Kreisklinik Seligenstadt geboren. Mit einem Gewicht von 4.470 g, einer Länge von 55 cm, einer rosigen Gesichtsfarbe und Apgarwerten von 9/10/10 war er ein richtiger Wonneproppen.

Jannik schien völlig gesund zu sein. Seine Trinkschwäche wurde darauf zurückgeführt, daß er wohl etwas Fruchtwasser geschluckt habe. Am 18.04.2000 wurde bei einer Untersuchung ein Herzgeräusch gehört. Da die Kreisklinik Seligenstadt über keine Kinderklinik verfügt, wurde Jannik sofort in das Klinikum Haibach verlegt.

Jannik eine Woche alt

Wir bekamen unseren Sohn noch einmal kurz in einem Transportinkubator zu sehen. Das war ein schrecklicher Anblick. Wir waren mit der plötzlichen Situation total überfordert und wußten überhaupt nicht so richtig was passiert.

Ich wollte unbedingt mitverlegt werden, was von Seiten der Kreisklinik Seligenstadt auch kein Problem war. Ich wurde dort pro forma entlassen und mit dem Klinikum Haibach wurde vereinbart, daß ich dort aufgenommen werden kann. Kurz nach dem Krankenwagen kamen wir in Haibach an. Dort wurde uns erklärt, daß für eine Aufnahme von mir keine Veranlassung bestand. Nach einiger Zeit wurde mir dann doch erlaubt kulanzhalber in der Klinik zu bleiben.

Am nächsten Tag wurde uns erklärt, dass bei Jannik drei Löcher in der Zwischenwand der Herzkammern festgestellt wurden und diese wohl operativ geschlossen werden müssen. Dies war für uns zwar ein ganz schöner Schock, jedoch hofften wir, daß sich die Löcher vielleicht doch noch von selbst verschließen. Schließlich hatten wir schon öfters von Kindern gehört, bei denen dies der Fall war.

Im Laufe der nächsten Tage entwickelte sich jedoch alles ganz anders. Janniks Zustand verschlechterte sich von Tag zu Tag und das Ausmaß seines Herzfehlers wurde uns so nach und nach mitgeteilt:

Aortenisthmusstenose kompletter Atrioventrikularkanal mit hypoplastischem linken Ventrikel; Mitral- und Tricuspidalinsuffizienz.

Am 20.04.00 wurde ich entlassen und verließ alleine das Klinikum Haibach. Es war schrecklich die Klinik ohne Jannik zu verlassen.

Da es ihm immer schlechter ging, wurde uns erklärt, daß eine Verlegung in die Justus-Liebig -Universität Giessen erforderlich sei. Die Verlegung sollte am 25.04.00 erfolgen. Als wir jedoch am 24.04.00 nach Haibach kamen, war Jannik bereits verlegt worden. Mitgeteilt hatte uns dies niemand, obwohl dort unsere Telefonnummer bekannt war. Es wurde uns erklärt, daß wir uns sofort tel. mit der Uni Giessen in Verbindung setzen sollen.

Am Telefon erfolgte das Aufklärungsgespräch für die Herzkatheteruntersuchung, da diese sofort bei Jannik vorgenommen werden sollte und die Ärzte nicht auf unser Eintreffen warten konnten. Wir fuhren sofort nach Giessen. Dort konnten wir unseren Sohn nach einigen Stunden warten nur kurz sehen.

Als wir Jannik am nächsten Tag sahen, waren wir völlig geschockt. Er hatte einen Kreislaufkollaps erlitten, war reanimiert und deshalb intubiert worden. Er sah wirklich schrecklich aus, so bleich und mit den ganzen Kabeln und Schläuchen, an die er angeschlossen war.

Einige Tage nach der Reanimation

In den kommenden Monaten konnte ich Jannik zeitweise nicht mal auf den Arm nehmen (z.B. bei Intubation). Dann saß ich immer nur stundenlang neben seinem Bett und habe seine Hand und seinen Kopf gestreichelt. Wenn ich ihn auf den Arm nehmen konnte, machte ich dies stundenlang, bis mein Arm einschlief. Das schlimmste an dieser ganzen Situation war, daß man sein Kind leiden sieht und nicht helfen kann. Mir erschien in dieser Zeit als einziges, was ich für ihn machen konnte, ihm Muttermilch zu geben. So pumpte ich tägl. alle 4 Stunden Muttermilch ab. Die Milch wurde meistens sondiert, da Jannik oft nur 10 ml selbst trinken konnte.

Am 08.05.00 wurde Jannik zum ersten Mal operiert. Die OP wurde von der Seite durchgeführt. Dabei wurde in die Engstelle des Aortabogens eine Vene aus dem Arm eingesetzt (Istha-OP) und ein Bändchen um die Lungenschlagader gezogen (Banding).

Außer wohl üblichen Problemen wie: Fieber; Entzündung der Narbe; Virusinfektion (RSV) und Verkleben der Lunge, schien die OP zunächst erfolgreich gewesen zu sein.

3 Wochen nach der OP erfuhren wir, daß während der OP versehentlich Lymphgefäße verletzt worden waren. Der Chirurg hatte zwar versucht diese zu verkleben, dies hatte jedoch offensichtlich nicht geklappt. Janniks Körper konnte jetzt das in der Nahrung enthaltene Fett nicht mehr verarbeiten. Die Lymphflüssigkeit lief aus den verletzen Gefäßen in den Brustkorb und sammelte sich dort (Chylothorax). Dabei drückte die Flüssigkeit auf die Lunge, was wiederum dazu führte, daß die Lunge verklebte und Jannik außerdem keine Luft mehr bekam.

2 Wochen nach der ersten OP

Ab diesem Zeitpunkt wurde Jannik mehrmals täglich punktiert. Er durfte keine Muttermilch mehr bekommen und nachdem er die MCT Nahrung nicht vertrug, wurde er nur noch intravenös ernährt. Die Ärzte sagten am Anfang, daß es ca. 2 Wochen dauern würde, bis sich die Lymphgefäße erholt hätten. Nach einigen Höhen und Tiefen hatte sich sein Zustand nach 2 Monaten jedoch noch immer nicht verbesserte. Auch die Basic F Nahrung (nur 2% Fett) vertrug er nicht. Da er außer Medikamenten und 5-mal tgl. je 5 ml Tee keine Nahrung bekam, wurde sein Magen sehr gereizt. So befürchteten wir, daß sein Magen einen bleibenden Schaden erleiden würde.

Nach Absprache mit den Ärzten entschied ich mich zu diesem Zeitpunkt abzustillen. Diese Entscheidung war für mich nicht gerade einfach, denn nun war mir die letzte Möglichkeit genommen worden, etwas für meinen Sohn zu tun.

Da sich sein Zustand nicht wesentlich besserte, wurde er nach einer weiteren Herzkatheteruntersuchung am 20.07.00 erneut operiert. Vor der OP wurde uns erklärt, daß eine Korrektur des Herzfehlers zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich sei, da er dann sterben würde. Die Ärzte wollten daher nur das Banding erneut versuchen, da dies bei der ersten OP nicht geklappt hatte und außerdem die verletzten Lymphgefäße verkleben.

1 Woche vor Entlassung

Jannik erholte sich von dieser OP sehr schnell. Schon nach 2 Tagen wurde er auf die normale Kinderstation verlegt. Dann wurde langsam mit Nahrung angefangen. Diesmal erlitten wir im Bezug auf die Lymphe nicht wieder einen Rückschlag und auch das Banding war erfolgreich. Nach mittlerweile dreimonatiger intravenöser Ernährung konnte Jannik endlich wieder normale Nahrung zu sich nehmen.

Zu diesem Zeitpunkt waren wir total happy und dachten, daß jetzt endlich alles in Ordnung kommt. Natürlich folgte dann gleich wieder ein Dämpfer. Erstmals wurde uns erklärt, daß Jannik´s Herzfehler mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht behoben werden könnte. Zum ersten Mal fiel das Wort Fontan OP. Darüber waren wir natürlich sehr geschockt. Als wir 2 Tage später jedoch erfahren haben, daß dies vermutlich auch nicht möglich sei und die einzige Chance für Jannik eine Herztransplantation wäre, waren wir am Boden zerstört. Unglaublich, daß aus anfänglich 3 Löchern plötzlich eine Herztransplantation werden sollte. Die Ärzte erklärten uns, daß sofern die AV-Klappe nicht innerhalb von 2 Wochen dichter werden würde, Jannik bei Eurotrans für ein Spenderherz angemeldet wird.

Aber Jannik hat es allen gezeigt. Sein Zustand verbesserte sich auf einmal zusehends. Er konnte nach einiger Zeit sogar die Magensonde gezogen bekommen und auch die Klappe wurde dichter. Am 25.08.00, 5 Wochen nach der zweiten OP, durften wir Jannik zum ersten Mal mit nach Hause nehmen. Es war ein unglaubliches Gefühl sein Kind nach 4 Monaten und 9 Tagen endlich aus dem Krankenhaus abholen zu können. Aber ich glaube, das muß ich hier wohl niemandem erklären.

Die Kontrolluntersuchungen in Giessen waren alle positiv. Da die Ärzte der Meinung waren, daß die rechte Herzkammer die Belastung auf Dauer nicht verkraften würde und außerdem das Banding sehr fest saß, wurde als OP Termin 01/2001 ins Auge gefasst. Am 15.11.00 erfolgte daher die dritte Herzkatheteruntersuchung. Dabei wurde festgestellt, daß die linke Herzkammer überraschenderweise gewachsen war. Dies war bei den Ultraschalluntersuchungen bisher nicht ersichtlich gewesen. Die Ärzte teilten uns mit, daß die Chance sehr gering sei, daß die linke Herzkammer noch groß genug für eine Korrektur des Herzfehlers werden würde. Sie wollten Jannik diese Chance jedoch geben und mit der nächsten OP so lange wie möglich warten. Zu diesem Zeitpunkt wurde uns erklärt, daß Jannik nicht transplantiert werden muß, sondern auf jeden Fall nach Glenn/ Fontan eine Kreislauftrennung erfolgen könne.

Einige Tage vor der Aufnahme

Bei der Kontrolle im Januar 2001 wurde festgestellt, daß die linke Herzkammer weiter gewachsen war. Die Ärzte äußerten sich erstmals positiv bezüglich einer evtl. Korrektur des Herzfehlers. Die OP sollte Ende 2001 erfolgen. Im April wurde uns dann jedoch erklärt, daß doch nicht mehr allzulange gewartet werden könne. Nach einer weiteren Herzkatheteruntersuchung am 21.08.01 sollte endgültig entschieden werden, welche OP gemacht wird. Die OP sollte gleich am nächsten Tag, dem 22.08.01 erfolgen.

Am 20.08.01 brachten wir Jannik ins Krankenhaus. Er hatte sich in dem einen Jahr zu Hause zu einem fröhlichen und lebenslustigen Jungen entwickelt. Außer des durch den Herzfehler bedingten Untergewichts (mittlerweile erst 7,5 Kilo) und des Entwicklungsrückstandes in der Grobmotorik wies nichts auf seine Erkrankung hin.

Wenn man ein offensichtlich gesundes Kind zur OP abgibt, ist das meines Erachtens immer besonders schlimm, da man sich nicht so einfach die Notwendigkeit dafür eingesteht.

Nach dem HK am 21.08.01 stand fest, daß Janniks Herzfehler voll korrigiert werden kann. Wir waren überglücklich.

Am 22.08.01 gaben wir unser Kind zum dritten Mal an der OP Schleuse ab. Diesmal war es erwartungsgemäß noch viel schlimmer als die letzten beiden Male. Dann ging die Warterei los.

Nach 13,5 Stunden OP stand fest, daß nicht alles optimal gelaufen war. Die Mitralklappe war nicht ausreichend angelegt gewesen und deshalb nach der OP zu undicht. Jannik ging es die Tage nach der OP sehr schlecht und da er kurz vor einem Nierenversagen war erfolgte 5 Tage später eine Mitralklappenrekonstruktion. Zunächst sah es gut aus. Janniks Zustand blieb allerdings nie über mehrere Tage stabil. Er mußte eine Woche nach der OP reanimiert werden und schaffte es nicht, alleine zu atmen. Außerdem stellten die Ärzte erneut einen Chylothorax fest und natürlich hatte er auch noch einen Infekt nach dem anderen.

3 Tage nach HTX

Nachdem feststand, daß Jannik sich nicht wieder von den OPs erholen würde, wurde er bei Eurotrans als dringend gelistet. Die Ärzte erklärten uns, daß selbst wenn rechtzeitig ein Spenderherz gefunden wird, eine Transplantation in Janniks schlechtem Zustand ein sehr hohes Risiko sei. Wir waren völlig fertig und hofften auf ein Wunder.

Nur 4 Tage nach der Bestätigung über die Listung wurde er transplantiert. Obwohl Jannik zu diesem Zeitpunkt in einem sehr schlechten Allgemeinzustand war, verlief die Transplantation und die postoperative Phase ohne besondere Probleme. Der einzige Rückschlag war ein Krampfanfall. Das CT war jedoch zum Glück unauffällig. Das EEG zeigte eine erhöhte Krampfbereitschaft. Jannik muß deshalb Medikamente nehmen. Der Chylothorax stellte nach der Transplantation überraschenderweise ebenfalls kein Problem mehr da und Jannik konnte nach nur 3 Wochen auf ganz normale Ernährung umgestellt werden.

Am 01.11.01, nur 5 Wochen nach der Transplantation, wurde Jannik nach Hause entlassen.

Erst zuhause wurde uns so richtig bewußt, was in den 9 Wochen alles passiert war und wir fingen an, die ganzen Geschehnisse zu verarbeiten.

Wir hatten wahnsinniges Glück, daß unser Sohn überlebt hat und sind deshalb natürlich überglücklich. Wir müssen jetzt aber erst in die neue Situation hineinwachsen und hoffen, daß wir dem Kommenden gewachsen sind. Wir waren es ja gewohnt ein Herzchen zu haben und sind damit auch ganz gut klar gekommen. Aber ein transplantiertes Kind ist doch eine ganz andere Sache und wir waren darauf ja nicht vorbereitet.

2 Monate nach HTX

Wenn ich mir Jannik jetzt so ansehe, seine strahlenden Augen und sein fröhliches Lachen, dann weiß ich, dass es sich immer lohnt für sein Kind zu kämpfen und ich kann kaum glauben, dass wir ihn fast verloren hätten.

Kinder sind das wertvollste und wichtigste das es gibt und sie sind unsere Zukunft.

Liebe Grüße an alle Herzchen und Ihre Eltern von

Jannik, Simone und Michael Mentz

Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!">Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

   
© ALLROUNDER